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Donnerstag, 19 Juli 2018

Kolumne: Soll man mit seinem Kind auf Facebook befreundet sein?

Der Familientherapeut erklärt, welche Social-Media-Regeln sinnvoll sind, und warum man Kinder dabei unterstützen sollte, nicht immer erreichbar zu sein

Frage:

Ich habe nur eine kurze Frage. Sollte man mit seinen Kindern auf Facebook oder Instagram befreundet sein? Mein Sohn ist 15 Jahre alt. Er will das nicht, und ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll. Andere mir bekannte Eltern sind mit ihren Kindern auf diesen Plattformen "befreundet".

Es würde mich interessieren, was Sie darüber denken und ob Sie eine generelle Empfehlung für die Nutzung von Smartphones haben.

Antwort:

Grundsätzlich glaube ich, dass das eine schlechte Idee ist. Für Großeltern kann es eine gute Idee sein, um mit den Enkeln in Kontakt zu bleiben und aktuelle Nachrichten zu empfangen. Eltern rate ich diesbezüglich allerdings zwei Dinge: Gehen Sie von sich aus keine Facebook-Freundschaft mit Ihrem Kind ein, außer es fragt Sie danach. Bitten Sie aber nicht selbst darum. Zweitens: Wenn Ihr Kind Ihnen eine "Freundschaftsanfrage" schickt, fragen Sie nach, warum es das tut, und denken Sie darüber nach, bevor Sie eine Entscheidung treffen. All das hängt natürlich auch davon ab, wie und wofür Sie und Ihr Kind Facebook nutzen. Je persönlicher und privater die Nutzung ist, umso weniger ist es ratsam, auf Facebook miteinander befreundet zu sein.

Was die Nutzung des Smartphones und den Gebrauch in der Familie betrifft, kann ich Sie vielleicht für eine Projektidee begeistern: Jede Familie muss im Grunde ihre eigene Kultur und ihre eigenen Regeln gestalten. Es geht dabei aber nicht darum, die Kinder vor möglichen "Hirnschäden" zu schützen. Es geht vielmehr darum, Nähe und Intimität als Qualität des Familienlebens zu erkennen. Damit meine ich: Machen Sie sich für sich selbst und für Ihre Nächsten zugänglich und verfügbar, während Sie für den Rest der Welt nicht erreichbar sind.

Meine Empfehlungen für dieses "Projekt" sind also: Verzichten Sie während des gesamten gemeinsamen Morgenrituals und ab einer halben Stunde vor dem Abendessen bis zur Schlafenszeit der Kinder auf Ihr Telefon. Lassen Sie alle Telefone von der Schlafenszeit bis zum Weg zur Arbeit oder zur Schule am nächsten Morgen ausgeschaltet. Machen Sie alle Mahlzeiten zur telefonfreien Zone, auch Mahlzeiten in Restaurants inklusive der Wartezeit, bis das Essen serviert wird. Diese Minuten sind eine wunderbare Gelegenheit, damit Kontakt und Nähe nach einer Zeit des Getrenntseins entstehen können.

Als Eltern oder Paar können Sie Zeitfenster vereinbaren, die zur Nutzung von Smartphones und Tablets bestimmt sind. Genießen Sie den gemeinsamen Besuch im Kino oder Restaurant als telefonfreie Zeit! Sagen Sie Ihren Freunden, befreundeten Familien, Kolleginnen, Kollegen und Arbeitgebern Bescheid, dass Sie nicht länger jederzeit erreichbar sind. Falls notwendig, unterstützen Sie Ihre Kinder dabei, das Gleiche zu tun.

Probieren Sie das aus und sprechen Sie nach zwei Wochen in der Familie darüber, wie es Ihnen geht, ob sich etwas in der Familie verändert hat, ob es eine Anpassung braucht und wie lange eine durchgängige Testphase dauern soll. Vielleicht möchten Sie Ihre Erfahrungen auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken teilen und initiieren damit eine anhaltende Bewegung.

Es ist wichtig, dass Sie als erwachsene Frau zu Beginn die Führung über dieses Projekt übernehmen und behalten. Nach zwei bis drei Monaten werden die Kinder sehr konsequent dabei sein, und sie inspirieren oft auch ihre Freunde dazu, die elektronischen Karten in deren Familien neu zu mischen. (Jesper Juul, 14.8.2016)

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