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Sonntag, 25 November 2012

Kolumne: "Kinder brauchen weniger Aufmerksamkeit als sie fordern"

Jesper Juul erklärt, warum es einer Revolution gleicht, wenn ein Einzelkind einen Bruder oder eine Schwester bekommt - und warum der Vater in dieser Zeit so wichtig ist

Wir haben einen fünfjährigen Sohn und planen, noch ein Kind zu bekommen. Wie können wir ihn darauf vorbereiten?

Antwort:

Ich würde zuerst darüber nachzudenken, wer euer Sohn ist. Wie geht es ihm als Einzelkind? Wie geht es ihm mit Veränderungen? War er bisher das Zentrum der Familie und bekam viel Aufmerksamkeit? Ist er eher extrovertiert oder introvertiert? Diese Antworten helfen, einen Eindruck zu bekommen, wie er möglicherweise einen Familienzuwachs erleben wird.

Der nächste Schritt wäre, über eure Situation als Eltern zu reden. Warum wollt ihr noch ein Kind? Wie sind eure Erfahrungen, Geschwister zu haben? Habt ihr Wünsche, wie das Verhältnis zwischen euren Kindern sich entwickeln soll? Das ist in Ordnung, solange die Kinder nicht gezwungen werden, nach euren Vorstellungen zu leben. Als zukünftigen Bruder würde ich euer Kind so früh wie möglich einbeziehen: "Wir haben uns entschlossen, noch ein Kind zu bekommen, und möchten gern wissen, was du davon hältst."

Das bedeutet nicht, dass er bestimmen soll, aber seine Reaktion wird Aufschluss geben, wo er steht. Vielleicht ist er abweisend, skeptisch oder sofort voller Freude. Wenn er skeptisch ist, ist es eine gute Idee, im Laufe der fortschreitenden Schwangerschaft mit ihm über seine Gedanken und Gefühle zu reden. Nicht um die Skepsis in Freude umzuwandeln, sondern um ihm zu zeigen, dass er so sein darf, wie er ist. Je mehr er dieses Gefühl mitbekommt, umso flexibler kann er sein, wenn er die neue Schwester oder den neuen Bruder trifft.

In der traditionellen Kindeserziehung wird gerne das Alter des größeren Kindes hervorgehoben. Entweder wie eine Art statusgebende Beobachtung ("Jetzt bist du der Große!") oder in Form von Zurechtweisungen ("Jetzt musst du der Vernünftigere sein!"). Beides ist schlecht, weil die Erstgeborenen in eine Rolle gedrängt werden, die auch ihre negativen Seiten hat. Beobachtet das Kind im Laufe der Schwangerschaft: Ist er viel oder wenig engagiert? Macht er sich Gedanken über seine neue Rolle? Ist er interessiert an dem kleinen Kind in Mutters Bauch, oder ist er mit seinen eigenen Dingen beschäftigt? Was antwortet er, wenn andere nach seinen Erwartungen fragen? Und wieder: Versucht nicht, ihn in seiner Art zu verändern, sondern lernt darüber, wer er ist.

Weiterlesen (derStandard.at)

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